Die IRIS-Strategie
Die IRIS-Strategie aus dem KESS-Programm® ist eine bewährte Möglichkeit, aus Konflikten auszusteigen. Versuchen Sie es doch mal mit Innehalten, Respektieren, Ignorieren und Selbst handeln. Es wird Ihnen ermöglichen, Auseinandersetzungen auf andere Art und Weise verlaufen zu lassen und gleichzeitig Ihr Kind zu ermutigen und zu stärken.Pixabay
Wir möchten Ihnen diese Strategie und was sich hinter den einzelnen Worten verbirgt genauer beschreiben.
I wie Innehalten: Diesen ersten Schritt der Strategie haben wir ausführlich im letzten Text "Innehalten" beschrieben. Hier geht es darum, dass Sie in Konflikten "Innehalten". Zum Beispiel indem Sie sich selbst innerlich "Stopp" sagen, sodass Sie nicht wie gewohnt aus dem Affekt reagieren.
R wie Respektieren: der nächste Schritt ist, die Motive Ihres Kindes für sein störendes Verhalten zu verstehen und zu respektieren. Und das mit der Grundhaltung: Ihr Kind handelt nicht, um Sie zu ärgern, sondern weil es den Eindruck hat, dass eines seiner Grundbedürfnisse nicht erfüllt ist.
Erinnern Sie sich daran, dass das störende Verhalten ein Schlüssel sein kann, der Sie zu genau diesen aus den Augen des Kindes unerfüllten Bedürfnissen führt. Das bedeutet nicht, dass Sie das störende Verhalten akzeptieren oder sogar gut heißen müssen. Es geht darum, das versteckte Bedürfnis als Motiv für das störende Verhalten zu respektieren.
I wie Ignorieren: Das störende Verhalten zu ignorieren bedeutet nicht, Ihr Kind selbst zu ignorieren! Gehen Sie so wenig wie möglich auf das störende Verhalten Ihres Kindes ein, da Sie Ihr Kind ansonsten in seiner Annahme, auf diese störende Art und Weise sein Ziel zu erreichen, bestätigen.
S wie Selbst handeln: Wenn Sie durch Ihr Innehalten und den Versuch, Ihr Kind zu verstehen und zu respektieren, die versteckte Botschaft hinter seinem Verhalten entschlüsselt haben, dann können Sie nun entsprechend dieser handeln.
Zum einen jetzt sofort: Finden Sie eine Möglichkeit, in der Situation direkt das versteckte Bedürfnis Ihres Kindes zu erfüllen, mit kleinen, vielleicht nonverbalen Gesten oder Zeichen.
Zum anderen langfristig: Versuchen Sie, das versteckte Bedürfnis Ihres Kindes auch im Alltag regelmäßig zu erfüllen, sodass es dieses nicht in unpassenden Situationen dringend benötigt, sondern "gesättigt" ist. So können Sie mit der IRIS-Strategie nicht nur aus akuten Konflikten aussteigen, sondern auch langfristig nicht ermutigenden Kreisläufen vorbeugen.
Ein Beispiel für die IRIS-Strategie:
Stellen Sie sich die Situation vor, dass Ihr Kind Sie bei einem Telefonat wiederholt unterbricht, Ihnen etwas zeigen möchte, dann Hunger und Durst vermeldet und im Verlauf immer fordernder und lauter wird, sodass Sie Ihr Telefonat kaum weiterführen können. Letztendlich eskaliert die Situation, da Sie das störende Verhalten nicht länger dulden möchten und Sie mit dem Kind schimpfen. Ihr Kind beginnt zu weinen und an ein Fortsetzen des Telefonats ist nicht mehr zu denken.
Was ist in dieser Situation vor sich gegangen? Ihr Kind hatte das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit von Ihnen, in einer für Sie ungünstigen Situation, da Sie selbst telefonieren möchten. Obwohl Sie eigentlich nicht gestört werden möchten, gehen Sie auf Ihr Kind ein, vermutlich weil Sie denken, dass es dann zu stören aufhört. Leider ist dem nicht so - es bemerkt, dass Sie nur halbherzig dabei sind und spürt Ihre unterschwellige Genervtheit.
Dadurch fühlt es sich in seiner Annahme bestätigt, dass es für Sie nicht so wichtig ist. Gleichzeitig merkt es, dass es ihm gelingt, Ihre Aufmerksamkeit für sich zu beanspruchen, indem es Sie beim Telefonieren stört und sein störendes Verhalten so scheinbar zum Ziel führt. Je genervter Sie reagieren umso entmutigter ist Ihr Kind und umso mehr wird es versuchen, sein Bedürfnis nach Zuwendung über das störende Verhalten zu erfüllen - bis die Situation eskaliert und für beide Seiten nicht zufriedenstellend endet.
Wenn Sie in dieser Situation die IRIS-Strategie anwenden, können Sie diesen Verlauf verändern, indem Sie:
Innehalten: Wie auch immer Ihre Reaktion normalerweise aussieht, versuchen Sie, frühzeitig innezuhalten und sich in Ihrer üblichen Reaktion zu stoppen, also sich nicht halbherzig dem Kind zuwenden und auch nicht genervt zu reagieren oder zu beginnen, es zu schimpfen. Sie wollen eine andere Strategie ausprobieren, bei der diese Situation ohne Eskalation endet.
Respektieren: Auch wenn Sie das Verhalten Ihres Kindes nervt, können Sie gleichzeitig wertschätzend akzeptieren, dass Ihr Kind von Ihnen wahrgenommen werden will und sich Zuwendung wünscht, obwohl Sie gerade gerne in Ruhe zu Ende telefonieren würden.
Ignorieren: So schwer es Ihnen fallen mag - reagieren Sie nicht auf die Versuche Ihres Kindes, Ihre Aufmerksamkeit durch das störende Verhalten zu gewinnen. Beachten Sie hierbei: auch eine negative Reaktion wie Schimpfen ist eine Reaktion und wird Ihr Kind darin bestärken, dass es durch sein störendes Verhalten Ihre Aufmerksamkeit erhalten kann. Ignorieren Sie aber nur das Verhalten, nicht Ihr Kind selbst. Das heißt, Sie können…
…Selbst handeln: Sie haben das Bedürfnis Ihres Kindes nach Zuwendung und Aufmerksamkeit wahrgenommen. Sie können darauf antworten und dieses erfüllen - allerdings unabhängig vom störenden Verhalten. Beispielsweise können Sie während Sie telefonieren kurz auf Ihr Kind zugehen, ihm signalisieren, dass Sie es sehen, es vielleicht berühren oder ihm auf andere Art ein Zeichen geben, dass Sie es gern haben und wahrnehmen. Dies wird das Bedürfnis Ihres Kindes nach Aufmerksamkeit für den Moment stillen, ohne dass es Sie während Ihres Telefonats weiter stören muss. Langfristig ist es jedoch wichtig, dass Sie Ihrem Kind auch im Alltag, z.B. durch Edelsteinmomente, zeigen, dass Sie es lieben und wahrnehmen. Wenn sein Grundbedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuwendung so beständig beantwortet wird, kann es die Situation, in der Sie ihm nicht Ihre volle Aufmerksamkeit schenken können, besser akzeptieren.