Versteckte Botschaften: Wie das störende Verhalten Ihrer Kinder zu einem Schlüssel werden kann
Wir möchten uns heute diesem besonders anstrengenden Verhalten zuwenden, und Ihnen ermöglichen, Ihr Kind und die in seinem Verhalten "versteckten Botschaften" besser zu verstehen.
Zunächst ganz allgemein:
Versteckte Botschaften: Wie das störende Verhalten Ihrer Kinder zu einem Schlüssel werden kann, um Ihr Kind und seine Bedürfnisse zu verstehen.Pixabay
Was Kinder (und übrigens auch uns Erwachsene) motiviert, sich auf die ein oder andere Art zu verhalten, ist der Wunsch nach der Erfüllung der Grundbedürfnisse. Bei Kindern zählen als Grundbedürfnisse der Wunsch nach Zugehörigkeit und Geliebt werden. Das Kind will außerdem wichtig sein und Bedeutung haben. Es will sich kompetent und selbstständig fühlen und Einfluss nehmen können. Und es will sich geborgen und sicher fühlen.
Kinder lernen nun jedoch erst langsam und mit zunehmendem Alter, ihre Bedürfnisse direkt auszudrücken, fühlen sich aber schon von klein auf verunsichert, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllt sind. Aus dieser Verunsicherung heraus versuchen sie durch Verhalten, das Eltern als "störend" empfinden, ihre Bedürfnisse näher zu bringen. Dies macht Eltern jedoch spontan eher ärgerlich, z.B. wenn die Aufmerksamkeit der Eltern durch Dazwischenreden, Aufmüpfigkeit oder Herumalbern erreicht werden will.
In unserem KESS-erziehen®-Programm nennen wir dieses "störende" Verhalten "irrtümliche Ziele", weil das Kind glaubt, dadurch dem näher zu kommen, was es sich wünscht und braucht, tatsächlich aber eher ein Kreislauf entsteht, der das Kind von seinem Ziel weiter weg führt.
Am Beispiel des Wunsches nach Aufmerksamkeit lässt sich dies gut verdeutlichen, da dieses Beispiel die meisten Eltern sehr gut kennen:
Das Kind wünscht sich in einer bestimmten Situation mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung von seinen Eltern. Es versucht, dies durch Dazwischenreden, Unterbrechungen oder "Unfug" machen zu erreichen. Kurzzeitig wenden sich die Eltern dem Kind deshalb auch zu, jedoch nicht auf die Art und Weise, die das Kind sich insgeheim wünscht, sondern intuitiv eher verärgert und zurechtweisend. Das Bedürfnis des Kindes nach Zuwendung bleibt also weiter unbefriedigt und oft beginnt es nun, noch mehr zu stören. So entsteht ein Kreislauf aus störendem Verhalten des Kindes, genervten Eltern, weiter unverstandenen und daraufhin erst recht nach Aufmerksamkeit suchenden Kindern. Am Ende stehen sich ratlose und frustrierte Eltern und in ihrem Bedürfnis nicht befriedigte Kinder gegenüber. Ein für alle ungünstiger und nicht zufriedenstellender Kreislauf.
Was können Eltern in einer solchen Situation machen?
Eine Möglichkeit, diesen Kreislauf zu unterbrechen ist, sich als Eltern die Frage zu stellen, was das Kind eigentlich mit seinem störenden Verhalten gerade ausdrücken will. Welches der oben beschriebenen Bedürfnisse versucht es, über ein "irrtümliches Ziel" zu erreichen?
Gerade jetzt, in diesen ungewöhnlichen Corona Zeiten, ist es für Kinder nicht einfach, ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen, da frühere Möglichkeiten, sich z.B. in der Schule als kompetent und selbstständig zu erleben oder mit Freunden Zugehörigkeit zu erfahren nur sehr eingeschränkt oder sogar gar nicht möglich sind. Das bekommen Eltern und Geschwister zu spüren, die sehr viel mehr als ansonsten abfangen und mittragen müssen. So kommt es zu dem anfangs beschriebenen besonders herausfordernden Verhalten. Viele Eltern haben die Situation ihrer Kinder momentan mit im Blick und versuchen sich, so gut es geht, in sie hineinzuversetzen. Dennoch passiert es immer wieder, dass Eltern ihre Kinder nicht verstehen und insbesondere bei störendem Verhalten die Frage nach dem "Dahinter" aus dem Fokus gerät, vor allem, je länger die Ausnahmesituation dauert und je länger sich ungünstige Kreisläufe bereits etabliert haben.
Diese Zeilen sollen daran erinnern, dass das störende Verhalten Ihrer Kinder gerade jetzt zu einem Schlüssel werden kann, um herauszufinden, welches Bedürfnis Ihres Kindes gerade jetzt nicht ausreichend erfüllt ist und über ein "irrtümliches Ziel" an Sie herangetragen wird.
Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um eine Situation aus Ihrem aktuellen Alltag zu erinnern, in denen Sie das Verhalten Ihres Kindes geärgert oder gestört hat.
Vielleicht fällt Ihnen mit etwas Abstand zu der Situation direkt auf, welche Botschaft Ihr Kind hinter seinem Verhalten versteckt haben könnte?
Vielleicht rätseln Sie, dann kann es hilfreich sein, anhand der Liste der Grundbedürfnisse zu prüfen, nach welchem dieser Bedürfnisse Ihr Kind sich momentan vielleicht besonders sehnt:
- Will Ihr Kind Aufmerksamkeit bekommen und dazugehören? Sich geliebt fühlen?
- Will Ihr Kind sich als wichtig und bedeutsam erleben?
- Will Ihr Kind sich selbstständig und kompetent fühlen?
- Will Ihr Kind sich geborgen und sicher fühlen?
Selbstverständlich können Sie als Eltern Ihren Kindern nicht alles dies bedingungslos erfüllen. Zunächst einmal ist es vor allem wichtig, Ihnen selbst einen anderen Blick auf das störende Verhalten Ihres Kindes zu ermöglichen. Wenn Sie erkennen, welche Wünsche hinter dem störendem Verhalten Ihrer Kinder liegen, kann Ihnen dies helfen, einen Schritt aus dem oben beschrieben Kreislauf zu machen und Ihr Kind wieder zu verstehen, anstatt sich über es zu ärgern. Und aus dieser Position heraus können Sie dann beginnen, Ihrem Kind zu zeigen, wie es seine Wünsche erfolgreicher befriedigen kann, als über die "irrtümlichen Ziele".
Wir wünschen Ihnen erkenntnisreiche Erfahrungen, wenn Sie sich auf die Suche nach versteckten Botschaften hinter dem Verhalten Ihres Kindes machen.
"Verstehen: Mit den Augen des Anderen sehen, in den Schuhen des anderen gehen und mit dem Herzen des anderen fühlen" (Alfred Adler)
Mehr Informationen unter: www.kess-erziehen.de