„Wenn ich etwas mache, dann mache ich es g’scheit“
Wer von der Seestraße her das Gebäude durch den Haupteingang betritt, steht vor dem großen Empfangstresen. Dort trifft er auf Julia Mühlebach, die trotz ihrer körperlichen Behinderung ihren erlernten Beruf der Bürofachhelferin in ganz normalem Rahmen ausübt.
Ein Paar kommt herein, sucht die Schwangerschaftsberatung. Julia Mühlebach telefoniert kurz mit der Beraterin und bittet das Paar dann, im Wartebereich Platz zu nehmen. Sie ist die erste Ansprechpartnerin im Haus, wenn ein Kunde Wünsche hat. Dann klingelt das Telefon. "Caritas-Bodensee-Oberschwaben, Mühlebach, guten Tag." Ein Klient hat seinen Termin vergessen, Julia Mühlebach schaut schnell im Computer nach und nickt einer Kollegin zu, die auf dem Weg in die Mittagspause ist und ihr nebenbei mitteilt, dass die das Telefon auf Julia umgestellt hat. Sie weiß, wer gerade das Firmenauto hat, welcher Berater im Gespräch ist. Sie weiß wer im Urlaub ist, notiert Rückrufe und richtet Anliegen aus.
"Ich habe hier mein Plätzle."
Julia Mühlebach sitzt im Rollstuhl und kann nur einen Arm voll funktionsfähig einsetzen. Mit dem Arbeitsplatz am Empfang des Caritas Zentrum Ravensburg ist für sie ein Traum in Erfüllung gegangen. "Ich habe ein Praktikum hier am Empfang gemacht", erzählt Julia Mühlebach. "Aus der Not heraus hat man mich damals ans Telefon gesetzt und ich das hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich gleich eine Bewerbung geschrieben habe." Und tatsächlich scheint sie an diesem Platz goldrichtig zu sein. Stets zuvorkommen und freundlich abreitet sie mit großem Gespür für Kundenorientierung. Man erkannte diese Fähigkeiten und die Stelle wurde extra für Julia eingerichtet. "Ich habe hier mein Plätzle", lacht die junge Frau glücklich.
Am Anfang ein Lernprozess für alle
Um die Stelle anzutreten, musste der Schreibtisch umgebaut werden. Julia Mühlebach braucht mit ihrem Rollstuhl Platz zum Rangieren. Ein Headset wurde angeschafft, weil sie alles mit einer Hand machen muss, telefonieren, notieren, den Rollstuhl oder den Computer bedienen. Dann lag es an der ehrgeizigen jungen Frau, sich in die Materie einzuarbeiten. Zum Lernprozess für alle gehörte auch dazu, zu erkennen, welche Arbeit Julia leisten kann, und was aufgrund der körperlichen Einschränkung eben nicht geht. Gleichzeitig musste Julia lernen, bei Bedarf um Hilfe zu fragen: "Wenn mir etwas runterfällt, dann kann ich es nicht von alleine wieder hochheben. Oder wenn ich Unterlagen aus dem obersten Regalfach brauche, an die ich von alleine nicht herankomme, dann brauche ich Unterstützung." Mittlerweile hat sich alles eingespielt und die Zusammenarbeit mit den Kollegen ist sehr gut.
Ohne Einsatz geht es nicht
Am Anfang haben auch die Geschichten mancher Klienten sie sehr belastet, aber mit der Zeit lernte sie, einen professionellen Abstand dazu zu bekommen. "Es erfüllt mich, dass ich mit meiner Arbeit dazu beitrage, den Menschen auf ihrer Suche nach Hilfe weiterzuhelfen", so Julia. Es gibt Tage, da klingelt ununterbrochen das Telefon. Ihre Hauptaufgabe ist das Weiterleiten und von den Kollegen erfährt sie mittlerweile große Wertschätzung. "Ich bin jeden Tag froh, dass sie hier ist", sagt Silvia Falch, die mit Julia am Empfang eng zusammenarbeitet. "Sie hält uns den Rücken frei." Für Julia Mühlebach ist es selbstverständlich, ihr Bestes zu geben: "Ich liebe meinen Job und was ich mache, das mache ich g’scheit. Mir ist es ganz wichtig, dass man mit meiner Arbeit zufrieden ist. Das gilt gleichermaßen für die Kollegen wie auch für die Klienten"