Corona erfordert kreative Übergangskonzepte
Friedrichshafen - Die plötzlichen Schul- und Kindergartenschließungen durch den Corona-bedingten Lockdown haben auch die Caritas Bodensee-Oberschwaben vor große Herausforderungen gestellt. "Unsere Sprachförderprojekte in Friedrichshafen, die räumlich und konzeptionell eng mit den Schulen und Kindergärten verzahnt sind, kamen von einem Tag auf den anderen zum Erliegen", berichtet Angelika Hipp-Streicher, Caritas-Fachleiterin Familie und Integration. Doch die Projektverantwortlichen sind nicht untätig geblieben: "Übergangskonzepte, die eine Weiterführung der Angebote auch in Corona-Zeiten möglich machten, wurden entwickelt und zeitnah umgesetzt", so die Caritas-Fachleiterin. "Wir sind in der aktuellen Situation auf ambulante Brückenangebote ausgewichen. Die Corona-Zeit ist für Familien nach wie vor eine große Herausforderung. Mit den Sprachförderangeboten geben wir gezielt Unterstützung und Begleitung vor allem auch für Familien, die aufgrund der Situation abgehängt sind. Die Struktur der Angebote setzt auf eine Bindung zu Familien auch außerhalb von Kitas und Schulen, gerade deshalb war es möglich, die Kontakte und unser Angebot aufrechtzuerhalten und den Umständen anzupassen. Die Familien, die wir dabei unterstützen konnten, waren sehr dankbar über dieses Angebot."
Rucksack in der Grundschule
Bei Rucksack in der Grundschule sei die Gruppenarbeit schnellstmöglich auf digital umgestellt worden, berichten Sheyda Sheikhi und Sibel Kazankaya von der Weiterführung des Rucksack-Angebots an Friedrichshafener Grundschulen zu Corona-Zeiten. Alle Gruppen konnten dadurch weiterlaufen, die Teilnehmerzahl wurde gehalten. Die Idee, die Rucksack-Materialien nach den Schulschließungen digital zu versenden, sei von den ehrenamtlichen Elternbegleiterinnen und den teilnehmenden Müttern sehr positiv aufgenommen worden. "Seit März verschicken wir Materialien, die wir wöchentlich zum großen Teil selbst erarbeiten, digital oder per Post an die Eltern", so Sheyda Sheikhi. Diese beinhalten unter anderem wichtige mehrsprachige Informationen für Eltern und Kinder rund um das Thema Corona sowie hilfreiche nützliche Links zur Unterstützung in diesen besonderen Zeiten - beispielsweise Kontaktdaten der Beratungs- und Anlaufstellen vor Ort. "Auch unsere Lern- und Spielideen, Rätsel- und Knobelaufgaben für eine sinnvolle und kindgerechte Freizeitgestaltung zur Überbrückung der Kontaktverbote kommen gut an", sagt Sibel Kazankaya. Parallel dazu erhalten die Familien Aufgaben zur Sprachförderung mit verschiedenen Themen, wie zum Beispiel Gesundheit, Ernährung, Kleidung, Tiere und Pflanzen - analog zum aktuellen Schulstoff und in Absprache mit den Schulleitungen. "Auf Wunsch der Eltern weisen wir auch auf klassenspezifische Online-Lernplattformen hin", so Sheyda Sheikhi. Die Elternbegleiterinnen stehen in einem engen telefonischen Kontakt mit den rund 30 teilnehmenden Familien. Sie besprechen und übersetzen die Rucksack-Materialien, haben aber auch ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Familien und vermitteln bei Bedarf an unterstützende Dienste. "Wir sehen gerade jetzt in diesen unsicheren Zeiten, wie wichtig es ist, in Kontakt zu bleiben", so ihre Erfahrung. Die erarbeiteten Materialien würden zudem über Integrationsmanager auch Flüchtlingsfamilien unterstützend zur Verfügung gestellt.
Rucksack im Kindergarten
Auch das Sprachförderprojekt Rucksack im Kindergarten läuft weiter. "Die Materialien werden von den Stadtteileltern digital oder postalisch an die Familien zu verschickt", berichtet Magdalena Hriny. Die Stadtteileltern hätten direkt nach den Kindergartenschließungen telefonisch und digital Kontakt zu den Eltern aufgenommen. Mitte März seien die noch vor Corona geplanten Themen verschickt worden, nach den Osterferien dann auch Info- und Arbeitsblätter rund um das Thema Corona. Zudem erhalten die Familien Materialen für die Sprachbildung zu Hause mit Tipps für Basteleien und Geschicklichkeit, Experimentieren, Sport und Bewegung, Hygiene, Haushalt und viele andere. "Wir haben unsere Post manchmal auch mit Schokolädchen oder bunten Stickern versüßt", berichtet Magdalena Hriny. Zwischen den Stadtteilmüttern und der Projektleitung gebe es regelmäßigen Kontakt und Austausch. Darüber hinaus standen die Fachkräfte für Fragen und Nöte der Eltern zur Verfügung. Bei Bedarf vermitteln sie weitere Hilfeangebote. "Der Kontakt zu den Familien ist auch in der Corona-Krise fester Bestandteil unserer Sprachförderungsprojekte", so Magdalena Hriny. Aus insgesamt zehn Gruppen können so neun in einem ambulantisierten Format weitergeführt werden. Die Rückmeldungen der teilnehmenden Eltern sind durchweg positiv.
Mach dich stark
Dankbar für die Fortführung des Mach-dich-stark-Programms in Corona-Zeiten sind auch die Teilnehmer der Elterngruppen im laufenden Kindergartenjahr. "Mit Schließung der Kindergärten wurde das Programm zwar stark eingeschränkt, aber es geht weiter", berichtet Birgit Linder-Schmid. Mach dich stark ist nicht als Einzelberatung konzipiert, sondern lebt vom Gruppensetting und dem Austausch auf Augenhöhe. Die Eltern erhalten auf Wunsch die Gruppen-Materialen per E-Mail, zudem besteht regelmäßiger Telefonkontakt und es gibt alle drei bis vier Wochen Rundmails mit Tipps und Informationen an die rund 40 teilnehmenden Familien. Auch Themenunterlagen zu den im Zuge von Corona ausgefallenen Veranstaltungen wie Elterngruppe oder Elterncafé wurden an die Eltern versandt. Aktuell sei man im Austausch mit den Kindergärten, wie eine Vor-Ort-Weiterführung des Angebots hinsichtlich Raumnutzung und Teilnehmeransprache mit den erforderlichen Hygiene- und Kontaktauflagen realisiert werden könne, so Birgit Linder-Schmid.
Das Sprachförderteam und die Stadteileltern freuen sich, dass sie mit einem flexiblen Angebot die Familien erreichen und gezielt auch im Netzwerk vermitteln konnten. Auch unter veränderten Startbedingungen werden die Angebote auf die Bedarfe ausgerichtet.