Offenes Ohr bei rassistischen Sprüchen!
Am Samstag, den 26.Oktober fand das zweite sogenannte "Stammtischkämpfer*innen-Seminar" bei der Caritas Bodensee-Oberschwaben statt. Im Integrationszentrum Weingarten haben sich 12 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingefunden, um sich bei einem "Argumentationstraining gegen rechts" damit zu befassen, welche Reaktionsmöglichkeiten es geben könnte, wenn im direkten Umfeld rassistische Bemerkungen geäußert werden.
Warum aber der Titel "Stammtischkämpfer*innen"? Durch die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland erleben immer mehr Menschen Situationen, in denen sie mit rassistischen oder rechtspopulistischen Aussagen konfrontiert werden. Viele dieser Aussagen erinnern an sogenannte "Stammtisch-Parolen": vereinfacht und provokant formulierte Sätze, die oft der Stimmungsmache gegen Menschen einer anderen Religion, anderer kultureller Herkunft oder gegen Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund dienen sollen. Ob im Arbeitsalltag, im Gespräch mit Bekannten oder bei einem Treffen im Sportverein - wenn rassistische und rechtspopulistische Sprüche und Bemerkungen fallen, kann uns das erstmal die Sprache verschlagen. Später ärgert man sich oft, dass man nicht widersprochen hat, dass man derartige Parolen einfach so stehen gelassen hat - meist aus Unsicherheit, wie man darauf schlagfertig reagieren kann. Die Stammtischkämpfer*innen-Seminare möchten Menschen befähigen, die Schrecksekunde nach solchen Aussagen zu überwinden und sich derartigen "Stammtisch-Parolen" entgegenzustellen.
Die Stammtischkämpfer*innen-Seminare sind ein Projekt der Kampagne "Aufstehen gegen Rassismus". Diese Kampagne hat sich im Frühjahr 2016 als bundesweites Bündnis gebildet und möchte Menschen dazu ermutigen und befähigen, gegen rassistische Hetze aufzustehen und sich für die Alternative "Solidarität" einzusetzen. Für die Stammtischkämpfer*innen-Seminare werden von der Kampagne sogenannte "Teamer*innen" ausgebildet, die daraufhin in ganz Deutschland Seminare dieser Art als Seminarleiter*innen durchführen können. (Weitere Informationen zu der Kampagne unter www.aufstehen-gegen-rassismus.de)
Die Caritas Bodensee-Oberschwaben bietet 2019 insgesamt drei Stammtischkämpfer*innen-Seminare an, zwei bereits durchlaufende Tage in Weingarten und das geplante Angebot am 27.11. von 9:00-16:30 Uhr im Konferenzraum des Caritaszentrums in der Seestraße 44 in Ravensburg. Anmeldungen sind noch möglich unter familientreff@caritas-bodensee-oberschwaben.de. In diesem 6-stündigen Seminar können sich die Teilnehmer*innen zunächst über ihre persönlichen Erfahrungen und Unsicherheiten austauschen. Im weiteren Verlauf wurden typische Muster von rechten Parolen untersucht und jeweils Reaktionsmöglichkeiten dazu besprochen. In praktischen Übungen konnten sich die Teilnehmer*innen darin erproben, die Schrecksekunde nach einer diskriminierenden Äußerung zu überwinden und angemessen zu reagieren. Die Teilnehmer*innen konnten dann konkrete, selbst erlebte Situationen schildern, anhand derer verschiedene Interventionsmöglichkeiten praktisch ausprobiert werden konnten und gemeinsam reflektiert wurden. "Ich fand es sehr spannend, dass wir hier einfach mal verschiedene Reaktionen ausprobieren konnten und dadurch gesehen haben, wie sich die Situation dann jeweils anders entwickelt", so eine Teilnehmerin. Das Seminar profitierte von dem lebendigen Austausch der Teilnehmer*innen und ihrer Bereitschaft, sich in diesem geschützten Rahmen in die Praxisübungen engagiert einzubringen. Wichtige Erkenntnis: Fragen stellen und ein offenes Ohr haben. Denn rassistische Äußerungen haben meist einen ganz anderen Beweggrund. Oft stecken Ängste, Alleinsein, Sorgen oder Nöte dahinter. Für diese offen zu sein und sich Zeit zu nehmen ist wichtiger, als mit Fakten zu argumentieren.
Die Stammtischkämpfer*innen-Seminare von der Caritas Bodensee-Oberschwaben werden gefördert durch das Bundesprogramms "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zielgruppen für diese Seminare sind Fachkräfte, Ehrenamtliche, Vertreter*innen von Schulen und städtischen Einrichtungen, Jugendliche, Studierende sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger aus der jeweiligen Region.