„Meilenstein in der Integrationsarbeit“
Im Beisein vieler Ehrengäste und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Weingartens. Die Eröffnung wurde flankiert von einem Festakt mit Redebeiträgen zum Thema Integration, das in Weingarten einen hohen Stellenwert hat. Und zu dem Bischof Fürst mit der Öffnung des Klosters für Geflüchtete vor gut vier Jahren im Geiste christlicher Nächstenliebe den Anstoß gab.
"Mögen aus Fremden Hausgenossen werden." Mit einem Segensspruch übergab Bischof Gebhard Fürst das neue Integrationszentrum seiner Bestimmung. Zusammen mit Oberbürgermeister Markus Ewald und Ewald Kohler, Leiter der Caritas Bodensee-Oberschwaben, durch-schnitt er das rotweiße Band im Garten des Hauses der Kulturen, das erste seiner Art im Landkreis. Stadt und die Caritas sind die Hauptträger des "Kompetenzzentrums für Integration im Herzen der Stadt". Eine niederschwellige Anlaufstelle rund um die Migration, ein Ort der Begegnung von Neu- und Altbürgern, der im Übrigen von den beiden Kirchen, der Diözese und den Franziskanerinnen von Reute ideell wie materiell unterstützt wird. "Es ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu gelingender Integration", sagte Markus Ewald, dem das Ankommen der Geflüchteten in der Gesellschaft eine Herzensangelegenheit ist.
Qualität der Zusammenarbeit
Doch sei Integration nie allein Sache von den Spitzen aus Kirche, Politik und Verwaltung. Die ganze Stadtgesellschaft sei bei diesem Prozess gefordert. Das neue Integrationszentrum eröffne für alle Beteiligten, Haupt- wie Ehrenamtlichen, eine neue Qualität der Zusammenarbeit und des Austausches. Ewald Kohler von der Caritas blickte beim Festakt im Schlössle, zu dem neben geladenen Gästen aus Gesellschaft, Kirche und Politik, auch Vertreter der Moscheegemeinde und der rumänisch-orthodoxen Kirche geladen waren, auf die Anfänge der Integrationsarbeit in Weingarten zurück, als Bischof Gebhard Fürst mit dem Öffnen des verwaisten Klosters für Geflüchtete den "Stein ins Wasser geworfen habe". Das trägerübergreifende Integrationszentrum, in dem acht Mitarbeiter der Caritas in den unterschiedlichsten Diensten tätig sind, sei im Übrigen nicht nur für Geflüchtete, sondern für alle Migranten und ihre Anliegen offen. Kohler dankte der Diözese für die fachliche wie materielle Unterstützung. Für die nächsten drei Jahre sind von dort 470000 Euro zugesagt. Der Bischof hätte die Zeichen der Zeit erkannt und in solidarischer Weise Verantwortung übernommen. Oberbürgermeister Ewald bescheinigte er, dass dieser bei den runden Tischen stets für eine konstruktive, respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe gesorgt habe.
Nicht zu denken wäre das neue Integrationszentrum ohne die Gelder aus dem Landesprogramm "Pakt für Integration". Daraus werden unter anderem die drei Integrationsmanager finanziert, die Geflüchtete in der Anschlussunterbringung individuell begleiten. Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann vom Sozialministerium erläuterte die Ziele der Landespolitik, die in Sachen Integration auf Fördern und Fordern setze. Er ging auf die kulturelle wie wirtschaftliche Bedeutung und Bereicherung von jungen Migranten ein, die nicht zuletzt der überalterten Gesellschaft hier den Wohlstand sichere. Die Chancen einer offenen, integrativen Gesellschaft und die Vorreiterrolle Weingartens in Sachen Integration hob auch Bischof Gebhard Fürst in seinem Festvortrag hervor. Das Integrationszentrum sei die Verortung einer großen Vision eines solidarischen Miteinanders, wo nicht zähle, woher man komme, sondern wer man sei ungeachtet von Religion und Hautfarbe. Der Zusammenhalt der Gesellschaft gehöre zu den zentralen Aufgaben der Kirche, sagte Fürst. In einer anschließenden Talkrunde, moderiert von Barbara Deifel-Vogelmann, kamen die Akteure des Integrationszentrums zu Wort, von der Leitung des Hauses über Geflüchtete bis zu den Ehrenamtlichen. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt von der Streicherklasse der Schule am Martinsberg, die mit ihren weitreichenden Angeboten ihrerseits viel für Integration wie Inklusion tun.
Integration ermöglichen, Vielfalt erleben
Das neue Integrationszentrum hat am Samstag erstmals seine Pforten geöffnet nach der Einweihung durch Bischof Gebhard Fürst. Und das Interesse der Besucher an der trägerübergreifenden Einrichtung von Stadt und Caritas rund um Migration war groß. Die Früchte von Integration konnte man im Übrigen beim Markt der Möglichkeiten erleben, bei dem Migrantenverbände aus Weingarten mit Kultur und kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Welt aufwarteten.
Es ging zu wie im Bienenstock. Das nicht allzu große Haus, das vor der Renovation Notunterkunft war, konnte den Besucheransturm kaum fassen. Dem Wunsch seiner Betreiber, ein lebendiger Ort des Miteinanders aller Bürger zu werden, wurde das Integrationszentrum an diesem Tag mehr als gerecht. Auf drei Etagen erstreckt sich das Angebot rund um Migration. Im Erdgeschoss lädt das Café International ein. Neuankömmlinge und Alteingesessene können sich hier näher kommen.
Es ist auch der Wirkungsort der beiden Franziskanerinnen Schwester Ines und Elisa, die interkulturelle Begegnungen fördern wollen. Im ersten Stock sind die neuen Integrationsmanager angesiedelt (die SZ berichtete). Darüber hinaus haben die Fachstellen der Caritas dort ihr Büro: von der Migrationsberatung für Erwachsene und Jugendliche über die kirchliche Wohnraumoffensive "Herein" bis zur Anlaufstelle für interkulturelles Ehrenamt. Überdies bieten die Integrations- und Flüchtlingsbeauftragten der Stadt hier Sprechstunden an. Das Dachgeschoss sieht schließlich noch Räume für Teamtreffen und andere Begegnungsmöglichkeiten vor. Aus dem Garten schallten afrikanische Trommelrhythmen, russische Lieder und die interkulturelle Kindertanzgruppe der Trachtengilde fieberte auf ihren Auftritt.
Der Markt der Möglichkeiten wartete auf mit der Kultur, die Zuwanderer in all den Jahren mit nach Weingarten gebracht haben. Besonders aber auch mit Kulinarik entlang der Scherzachstraße mit ihren Düften aus Balkan und Orient: von den indischen Studierenden der Hochschule über die Landsmannschaft der Russlanddeutschen, Inkultura, dem deutsch-polnischen Freundeskreis bis hin zur eritreischen Gemeinde und dem albanischen Kulturverein.
Internationale Köstlichkeiten
Die Besucher genossen die Vielfalt der Kulturen und kamen ins Gespräch bei türkischem Tee, polnischem Mohnkuchen und indischen Teigtaschen. Viel Publikum auch im Schlössle, wo man sich über die Flüchtlings- und Integrationsarbeit der verschiedenen Institutionen informieren konnte. Und mitten im Gewühle die beiden so zufriedenen wie erleichterten Leiter des neuen Integrationszentrums, Sabine Weisel von der Stadt und Stefan Fischer von der Caritas.
Diese Lebendigkeit, dieses Miteinander von Alteingesessenen und Neuzugezogenen, das wünschen sie sich die beiden auch über den Tag der Eröffnung des neuen Integrationszentrums hinaus.
Artikelveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Schwäbischen Zeitung